Κυριακή 12 Απριλίου 2020


SOLIDARITÄT, POESIE UND AUFERSTEHUNG
Panagiotis Kapodistrias, orthodoxe Dichtung und Ökumene in der Zeit der Korona-Krise
Mehrere Kleriker in Griechenland dichten gerne. Das Land nimmt die Poesie ernst. Wenn ein Dichter verstirbt, trauern die Griechen lange, wie es sich sogar in der letzten Zeit gezeigt hat, mit den Toden von Katerina Angeláki-Rook und Kikí Dimoulá. Die Nobelpreisträger Giorgos Seferis und Odysseas Elytis haben immer wieder auf die dreitausendjährige dichterische Kontinuität ihres Landes aufmerksam gemacht, von Homer bis Konstantinos Kavafis. Sprache und Schönheit trösten und ermutigen, besonders in Krisenzeiten. 
Orthodoxe Kleriker schreiben nicht nur kirchliche Hymnen im byzantinischen Griechisch der liturgischen Tradition, obwohl es sich lohnt, die überraschungsvollen Früchte auch dieser Leistung zur Kenntnis zu nehmen. Für viele Priester ist die Dichtung ein Weg zur Verkündigung des Evangeliums, gleichzeitig aber auch eine Möglichkeit, auf ihre eigene Persönlichkeit über die Grenzen des Klerikalen und Religiösen hinschauen zu lassen. Ausdrucksstark, mutig und innovativ sind mehrere ihrer Gedichte. Byzantinischer Kitsch, oder ein billiger Evangelisierungston sind ihnen als Gefahr bewusst, die Antikörper einer langen literarischen Tradition, die für höhe ästhetische Standards spricht, schützen sie aber davon. Auch die Priester sind Menschen ihrer Zeit, mit Wünschen, Sorgen, Schwächen und Leidenschaften. Auch die Priester sind nicht nur religiöse Menschen. Und mit ihrer Dichtung stellen Stereotypen über die Orthodoxie in Frage und lassen uns überlegen, ob man doch diesem Erbe am besten durch die Dichtung gerecht wird. Letztendlich waren alle drei orthodoxe Heiligen, die einzigen, denen die Kirche den Titel Theologe als Begleitung ihres Namens verliehen hat, Dichter: Johannes der Evangelist und Theologe, Gregor von Konstantinopel, der Theologe (irreführenderweise als „von Nazianz bezeichnet) und Symeon der Neue Theologe.
Von den griechisch-sprachigen Kleriker und Dichter sind einige wichtige nicht mehr unter uns: Dionysios Psarianos, Metropolit von Kozani (1912-1997; Kirche Griechenlands), Mönch Moses (gest. 2014; Heiliger Berg Athos), Evangelos Galanis, Metropolit von Pergi (gest. 2018; Ökumenisches Patriarchat), und Stylianos Harkianakis, Erzbischof von Australien (1935-2019; Ökumenisches Patriarchat). Unter anderen schreiben bis heute eifrig der Priestermönch Symeon (ein Konvertit aus Peru; Heiliger Berg Athos) und die Erzpriester Dr. Vasilios Thermos und Panagiotis Kapodistrias. 
Kapodistrias ist 1961 auf der Insel Zakynthos geboren und veröffentlicht Gedichtbände seit 33 Jahren. Er ist Theologe, Dichter, Fotograf, Blogger, seit 1996 Generalvikar seiner Diözese (Metropolie von Zakynthos), Pfarrer der Gemeinde von Banáto in Zakynthos, verheiratet und Vater von drei Kindern. Seine Gedichte hat er in zwei Bänden gesammelt (Verbrannte Schmetterlinge, 2010) und (Wenn du noch weißer wirst, dann brennst du, 2019); die neueste Produktion veröffentlicht er in seinen Blogs. Kapodistrias hat mehrere theologische und literaturkritische Essays geschrieben. Die ökologische Tradition der Orthodoxie liegt im besonders am Herzen, sowie die Geschichte, die Sitten und Bräuche seiner Insel, denen er viele Studien gewidmet hat. Seit 2010 trägt er den Titel des Erzpriesters des Ökumenischen Throns, als Anerkennung seiner vielfältigen kirchlichen Leistungen seitens der Kirche von Konstantinopel. Seine Dichtung hat 2004 die Akademie von Athen mit ihrem Preis gekrönt. 
Seine Gedichte sind schlicht, mehrere davon nur wenige Verse lang. Der Ton ist leise, oft derjenige einer feinen Leidenschaft. In seinen Gedichten lässt sich das Reichtum der kirchlichen Sprache widerspiegeln, ohne affektiert zu klingen. Die Widersprüche des Lebens werden mit angenehmer Ironie thematisiert, genauso wie Wünsche, alltägliche Sorgen und die Liebe zur Schöpfung (Kapodistrias hat ein Blog der Chronik seiner Diözese, ein anderes der natürlichen Schönheit der Insel Zakynthos gewidmet; theologische, literarische und fotographische Beiträge erscheinen jeden Tag). Ohne lyrische Übertreibungen ist aber seine Dichtung grundsätzlich eine erotische. Der Eros dringt sein ganzes Werk durch. Der Eros in der Perspektive des Glaubens: Typisch für die platonische griechische und christliche Tradition, und trotzdem immer noch erfrischend.
Der unerschöpfliche Pastor und Dichter schreibt in den letzten Wochen jeden Tag ein Gedicht von 10 Versen, das der Corona-Krise gewidmet ist, umrahmt von ausgewählten Fotos: http://www.iskiosiskiou.com/search/label/Ποίηση%20σε%20καιρό%20Λοιμού?updated-max=2020-03-28T09:09:00%2B02:00&max-results=20&start=20&by-date=false. Die Thematik der kleinen Gedichte (bis heute: 32 Gedichte, das letzte vorgestern, unter dem Titel Ce la faremo, dem heurigen Karfreitag der Katholiken gewidmet) ist schon sehr breit. Es geht nicht nur um die Befürchtungen der Menschen in Griechenland, sondern auch um Solidarität mit den Italienern, den Spaniern, den Indern, den Amerikanern, um Blinkwinkel, die wir oft übersehen. Vor allem geht es freilich um Gott und dem Glauben in diesen herausfordernden Wochen. Gott ist in dem Werk von Kapodistrias überall präsent, auch wenn der Priester aus Zakynthos ihn nicht namentlich erwähnt. Die Frage nach Gott ist letztendlich eine Frage der Perspektive. Geht es nicht mit der Dichtung genauso?
Panagiotis Kapodistrias blieb nicht unberührt, als die Nachricht vom Tod des italienischen Priesters Giuseppe Berardelli erschien. Für eine Weile hat man behauptet, dass der 72jährige Kleriker der Diözese von Bergamo auf das ihm geschenkte Beatmungsgerät zugunsten eines jüngeren Patienten, im Bewusstsein des bevorstehenden Todes, verzichtet hatte. In der ganzen Welt hat dies für Schlagzeile gesorgt und aus dieser Atmosphäre entstand das Gedicht, das diesen Text abschließt. Inzwischen hat man die Echtheit der Nachricht infrage gestellt, Erzpriester Kapodistrias sieht aber keinen Korrekturbedarf. Die Poesie geht über das streng genommene Faktische hinaus. Der orthodoxe Priester will Soldarität zeigen, auch durch Verse. Und sogar Solidarität Geschwistern anderer christlicher Traditionen gegenüber. Es ist nicht so häufig, dass ein orthodoxer Kleriker einem katholischen Priester ein Gedicht widmet, für Kapodistrias aber, der ein überzeugter Ökumeniker ist, gilt dies als selbstverständlich. Dem auf einer ionischen Insel aufgewachsenen Priester, wo die italienische Präsenz ihre deutlichen Spuren hinterlassen hat, ist es klar: Uns alle tröstet und ermutigt die Auferstehungshoffnung, die zu Taten führt, die in einer fruchtbaren Weise für Unverständnis und Verwirrung sorgen. So ist es mit dem Christentum überhaupt. So muss es sein. 
Christus ist auferstanden!

DON GIUSEPPE
Für Dich, unbedeutender Giuseppe Berardelli,
Pfarrer von Castigno, 
verfügen wir über kein anderes Beatmungsgerät.

Die Gemeindemitglieder
hatten es für dich gekauft.
Warum hast du es denn 
deinem Nächsten gegeben
und den Tod vorgezogen? 
(24.03.2020)

Der Theologe, Literat, Musiker und Blogger Panagiotis Andriopoulos hat sich intensiv mit der Poesie der griechischen Kleriker beschäftigt und Veranstaltungen dazu organisiert, wo mehrere Werke von modernen griechischen Komponisten musikalisch umrahmt werden, z. B. https://www.youtube.com/watch?v=KNBgM3vKnHY Ein Kurzartikel von ihm über die Gedichte von P. Kapodistrias in der Zeit der Corona-Krise: https://panagiotisandriopoulos.blogspot.com/2020/03/blog-post_77.html


Πέμπτη 19 Μαρτίου 2020



IM DIENST DER OFFENHEIT.
DER ÖKUMENISCHE PATRIARCH WIRD 80 JAHRE ALT
Mitglied einer christlichen, mehrmals verfolgten Minderheit in einem schwierigen Land. Auch die Fakultät, wo er studiert hat, hat die türkische Regierung geschlossen. Viel bereister Weltbürger, der Griechisch, Türkisch, Italienisch, Französich, Englisch und Deutsch spricht (u.a. hat er auch in München studiert). Mönch der Orthodoxen Kirche; Diakon, Priester, Bischof des Ökumenischen Patriarchates; seit 1991 Ökumenischer Patriarch.
- Die verwüsteten Kirchen von Konstantinopel hat er wiederbelebt.
- Die Synodalgremien des Ökumenischen Patriarchates hat er erneuert. Bischöfe aus der ganzen Welt nehmen daran teil. Dank ihm ist die Kirche von Konstantinopel eine im wahrsten Sinne des Wortes globale Kirche geworden.
- Er kämpft gegen die nationalistische Selbstverherrlichung der Orthodoxen. Er hat vorher unvorstellbare panorthodoxe Strukturen ins Leben gerufen: Höhepunkt das seit Jahrhunderten ersehnte Heilige und Große Konzil.
- Gleichzeitig erinnert er daran, dass Synodalität nicht mit Synodalismus gleichzusetzen ist. Der Primus übt keine dekorative Funktion aus, er trägt eine besondere Verantwortung. Dem Primat der Ehre, des Dienstes und des Kreuzes des Ökumenischen Patriarchen verdankt die heutige Orthodoxie ihre Gestalt mit den mehreren Autokephalen Kirchen.
- In seinem Alter hätte er einfach die Früchte seiner Leistung genießen können. Er zog vor, sein Kreuz wieder zu nehmen, einem gedemütigten Volk seine kirchliche Würde wiederherzustellen, ein Schisma zu heilen und mit totalitären Machtstrukturen in Konflikt zu kommen.
- Den ökumenischen Dialog hat er wie kein anderer gepflegt, gegen den massiven Widerstand der Fundamentalisten: Die geschwisterliche Beziehung, die er mit den Päpsten entwickelt hat; die Selbstverständlichkeit des Umgangs mit den Orientalen; die Offenheit gegenüber den Kirchen der Reformation (Höhepunkt seine Tübinger Rede von 2017 über Luther); die zentrale Präsenz im ÖRK und in der KEK.
- Seine Bemühungen um den interreligiösen Dialog: Judentum (wie viele orthodoxe Patriarchen haben Synagogen besucht?), Islam, aber auch andere Religionen.
- Sein Engagement für die Ökologie, die in der Bezeichnung „grüner Patriarch“ zusammengefasst wird.
- Sein Einsatz für die Religionsfreiheit und die Menschenrechte überhaupt.
- Seine Menschlichkeit; ich bin dankbar dafür, persönlich mehrmals Zeuge davon gewesen zu sein. 
Sein vor kurzem erschienenes Buch „Begegnung mit dem Mysterium“ bietet einen Einblick in seine Biographie, aber auch in den orthodoxen Glauben 
Einfach ist es nicht, mutiger Ökumenischer Patriarch zu sein. Bartholomaios I. wird gerade wie kein anderer Orthodoxer attackiert, verleumdet, beschimpft (bitte, einfach googeln), Propaganda-Mechanismen der Mächtigen sei Dank. 
Seit Jahrzehnten hat er gelernt, mit Morddrohungen zu leben. Diese sind in den letzten Jahren nicht weniger geworden. 
Er trägt sein Kreuz und glaubt an die Auferstehung. Er ist am 29. Februar 1940 geboren; an dem Tag hat er seinen 80. (und gleichzeitig 20.) Geburtstag gefeiert. 
Ad multos annos, Heiligkeit.